Campus an der Sternwarte, Büro- und Laborgebäude Tübingen

Ausführung: 2021 - 2023 Standort: Tübingen Bauherr: TTR Technologieparks Tübingen-Reutlingen GmbH Fotografie: Thomas Herrmann

Aufbruchstimmung herrscht auf der Oberen Viehweide in Tübingen, einem Gebiet in der Nordstadt, das als Standort für Wissenschaft, Technologie, nachhaltige Energieversorgung und innovative Forschungseinrichtungen dient. Dort angesiedelt ist unter anderem einer der beiden Standorte des Technologieparks Tübingen Reutlingen (TTR), eines der größten Gründerzentren für Biotechnologie in Deutschland, für den wir ein Büro- und Laborgebäude mit Kantine fertiggestellt haben. Der Campuscharakter der Oberen Viehweide fördert eine firmenübergreifende Vernetzung zahlreicher Start-ups sowie aufstrebender und etablierter Unternehmen. Dazu gehört eines der größten Forschungszentren Europas für künstliche Intelligenz und Robotik, das Cyber Valley.

Der Büro- und Forschungsbau ist mittlerweile das fünfte Gebäude, das wir für die TTR GmbH umgesetzt haben. Zwei Büro- und Laborgebäude sowie ein Parkhaus am Standort Reutlingen und eines direkt angrenzend an den Campus an der Sternwarte sind bereits seit einigen Jahren in Betrieb. Das neue Gebäude zeichnet sich, wie die beiden anderen in Reutlingen, durch flexible Nutzungsmöglichkeiten aus und fügt sich harmonisch in die umgebende Bebauung ein. Büro- und Laborräume in unterschiedlichen Größeneinheiten werden durch die TTR GmbH an verschiedene Firmen und Start-ups vermietet.

Wissenschaftsstandort mit Geschichte
Es ist das Gelände des ehemaligen Instituts für Immunologie bzw. der Bundesforschungsanstalt für Viruskrankheiten der Tiere (BFAV), auf dem sich das neue Büro- und Laborgebäude befindet. Diese war über 50 Jahre lang für die Erforschung virusbedingter Tierkrankheiten zuständig, bevor der Standort Tübingen 2011 geschlossen und die Forschungsaktivitäten auf die Ostseeinsel Riems verlagert wurden. Nur das Pförtnerhäuschen (heute ein Friseursalon) und die „Ochsenmauer“, ein Relief, das vom Bildhauer Emil Jo Homolka für die Bundesforschungsanstalt geschaffen wurde, blieben erhalten. Wie auch die alte Sternwarte tragen sie zur besonderen Atmosphäre des Technologieparks in Tübingen bei.

Harmonisches Miteinander
In zentraler Lage, mitten auf der Oberen Viehweide, schließt der fünfgeschossige Campus an der Sternwarte eine Lücke zwischen dem Parkhaus, ebenfalls von uns realisiert, und einem weiteren Büro- und Laborgebäude der TTR GmbH. Trotz der exponierten Ecklage am Hauptplatz, schräg gegenüber der alten Sternwarte, nimmt sich das L-förmige Gebäude bewusst zurück. Es ordnet sich über seine Proportionen, Fassaden- sowie Farbgestaltung in die Umgebungsbebauung ein und schafft dadurch eine gemeinsame Adresse.

Materialwahl mit Blick fürs Detail
Auf den zweiten Blick offenbart das Haus unsere Liebe zum Detail und unsere Sorgfalt bei der Materialauswahl. So ist der Erdgeschosssockel, der das Gebäude strukturiert, mit jadegrünen dreidimensionalen Keramikriemchen verkleidet, deren Grat in seiner Position variiert und auf diese Weise, je nach Blickwinkel, changierende Grüntöne offenbart. Die abgerundeten Ecken, im Erdgeschoss mit den Keramikriemchen auf der einen Seite und in den auskragenden Geschossen mit gebrochen weißem Rauputz über dem Haupteingang zur anderen Seite hin, markieren den Eingangsbereich und unterstreichen die Besonderheit der Ecklage. Zusätzlich betont wird die Ecke durch die nach außen tretenden Übereckverglasungen, hinter denen sich auf den jeweiligen Geschossen, die gemeinschaftlich genutzten Bereiche zur informellen Kommunikation, also die Tee- oder Kaffeeküchen befinden. Fließende Übergänge in den Fensterbändern schafft der Wechsel zwischen feststehenden Lamellen und außenliegenden Jalousien, beide in einem warmen Goldton. Auch die goldfarbenen Metallprofile der Fenster tragen zur schlichten Eleganz des gesamten Gebäudes bei.

Flexible Grundrissnutzung
Die besondere Sorgfalt bei der Detaillierung und die Verwendung hochwertiger Materialien setzen sich im Inneren des Gebäudes fort. So bildet die vollflächige Stahlplatte des Treppengeländers eine harmonische Symbiose mit dem haptisch ansprechenden Handlauf aus Eichenholz. Ergänzend dazu fügen sich die großformatigen Feinsteinzeugfliesen mit farblich abgesetztem Antritt auf den Trittstufen sowie die ästhetische Lichtgestaltung mit LED-Streifenelementen an Decke und Wand harmonisch ein. Erschlossen wird das fünfstöckige Gebäude über einen Aufzug und zwei Treppenhäuser. Diese gruppieren sich um die gemeinsam genutzten Teeküchen in der Ecke der beiden L-Schenkel, ebenso wie der Toilettenkern. So werden die vorhandenen Flächen optimal genutzt und erreicht und können flexibel an unterschiedliche Firmen vermietet werden. Auch die Büro- bzw. Laborflächen der oberen vier Geschosse, können dank großer Spannweiten und weniger Stützen der Nutzung entsprechend flexibel aufgeteilt werden und bestehen meist aus ein bzw. zwei Mieteinheiten pro Geschoss. Im Erdgeschoss befindet sich eine kleinere Büromieteinheit, ein Konferenzsaal und die Kantine, die für alle Menschen auf der Oberen Viehweide zur Verfügung steht. Sie orientiert sich zum ruhigen Innenhof hin, der mit Sitzgelegenheiten unter Bäumen zum Verweilen einlädt und großzügige Flächen für die Außenbestuhlung der Kantine bietet.

Technik für die Wissenschaft
Die flexible Nutzung des Gebäudes wird maßgeblich durch die beiden Installations- und Versorgungsschächte unterstützt. Diese Schachtelemente sind nicht nur entscheidend für die nutzerspezifische Lüftung der Labore, sondern dienen auch als zentrale Technikvorhaltung für sämtliche Nutzer. Der Strom für das Gebäude wird umweltschonend durch eine Photovoltaikanlage auf dem benachbarten Parkhaus erzeugt und unter anderem zur Kühlung des Effizienzgebäudes 40 verwendet, wobei moderne Luft-Wasser-Wärmepumpen zum Einsatz kommen. Beheizt wird der Campus an der Sternwarte über das sich in Sichtweite befindende Blockheizkraftwerk Obere Viehweide der Stadtwerke Tübingen. Durch die Kombination aus erneuerbarer Energie und effizienter Technik wird eine ökologisch und wirtschaftlich nachhaltige Energienutzung sichergestellt.

Das TTR stellt Räume zur Verfügung, in denen sich großen Ideen umsetzen lassen. Flexible Grundrisse, die sensible Materialwahl und die umweltschonende Technik bieten dafür den perfekten Rahmen.